Von "Lichtmüttern", Fruchtbarkeit & Weiberkram

 

In der heutigen Zeit ist es häufig so, dass man als Frau das erste Mal in der Schwangerschaft mit der ureigenen Weiblich- und Körperlichkeit tatsächlich konfrontiert wird. Nicht selten verhüten Frauen schon über Jahre hinweg hormonell und wissen nicht wie sich ein „natürlicher Zyklus“ mit all den Veränderungen anfühlt. 

Zwar an sich natürliche, aber dennoch scheinbar "unkontrollierbare" Körperprozesse wie z.B. die Menstruation, werden am liebsten versteckt und durch Hormongaben oder bestimmte Hilfsmittel (z.B. Tampons)  "unsichtbar" gemacht. Viele Frauen wissen z. B. gar nicht mehr was eine regelstarke Blutung ist, weil sie sie niemals direkt sahen. Etwas, was einst Symbol von Weiblichkeit und Fruchtbarkeit war, zum Ursprungswissen über natürliche Familienplanung gehörte und von Generation zu Generation weitergegeben wurde, hat nun keinen Platz mehr im modernen Frauenleben.

In der Schwangerschafts- und Wochenbettzeit jedoch werden wir dann ganz plötzlich und unvorbereitet zurückgeworfen in eine Ursprünglichkeit, die wir nie kannten und nicht selten fühlen wir uns dadurch geschwächt und unsicher...



"Natur pur"

 

Schwanger sein und Mutterschaft sind "Natur pur", wir werden rund und weich, Instinkte flammen auf, von denen wir nichts geahnt haben, Kräfte werden frei, die uns manchmal staunen lassen. Wer dieses Potential als Schwäche ansieht, flüchtet vielleicht gern von vornherein in die programmierte Geburtsmedizin, die schnelle Lösungen anbietet. „Ent-bindung“ mit massivem Einsatz von Betäubungs- und Wehenmitteln oder der angeblich so „Sanfte Kaiserschnitt“ nach Terminplan fördern jedoch eher ein passives Frauenbild, das erduldet und dem geholfen werden muss, statt einer (Löwen)Mutter, die stark und unabhängig ist.

 

Ein Kind zu erziehen fordert Aktivität und die notwendige Reife Entscheidungen zu treffen. Eine Schwangerschaft und eine selbst-bestimmte Geburt aus eigener Kraft fördern diese Eigenschaften und bereiten somit auf das Elternsein vor.

Wer es in dieser Reifungszeit nicht lernt, muss dies später im Schnelldurchlauf tun und fühlt sich dann häufig überfordert oder gibt oftmals sogar die Verantwortung komplett ab an Großeltern, Kinderärzte oder Fertignahrungshersteller, die vermeintlich besser für das eigene Kind sorgen können…

 

Veränderungen bieten neue Möglichkeiten...

 

Andererseits finden aber Frauen gerade in diesen Zeiten der Veränderung auch den Weg (zurück) zu sich selbst - ernähren sich bewusster, achten auf ausreichend Schlaf und natürliche Rhythmen und verzichten auf künstliche Stoffe wie Konservierungsmittel und Medikamente, die die natürlichen Abläufe im Körper manipulieren können. Kurz: sie hinterfragen ihren bisherigen Lebenswandel. Die Wertigkeiten verschieben sich und man wächst Stück für Stück in die neue Mutter- und Frauenrolle. Diese Monate der Umstellung können eine Chance sein sich vollkommen zu erneuern. Wer dies schafft, geht gefestigter denn je in die Zukunft.

 

Oft braucht es wohl einfach „nur“ Zeit und Geduld, um die Dinge zu verstehen und sie anzunehmen wie sie sind. Grundlegendes im Leben kann nicht von heute auf morgen geschehen, ist oft schmerzlich und bedeutet immer auch Abschied nehmen von der alten Vertrautheit...

 

 

Was ich als Hebamme geben will...

 

Wenn ich „meine“ Frauen in der Schwangerschaft begleite, spielen neben den körperlichen Veränderungen auch immer die momentanen Gefühle eine große Rolle. Negative Erfahrungen aus der Vergangenheit, ein geringes Selbst-"bewusstsein", mangelndes Vertrauen usw. können oftmals Ursache für Störungen in der Schwangerschaft und bei der Geburt sein. Frauen, die ängstlich und verkrampft durch diese Zeit gehen, können selten frei und ungehemmt ihr Kind gebären und stillen… Durch ganzheitliche Informationen, Ernährungsberatung, Massagen, Übungen und durch verschiedene Heilmethoden kann man sehr guten Einfluss auf sensible Bereiche nehmen, bevor sie zu einem Problem werden.

Die rein medizinische und die Hebammenbetreuung schließen sich hier nicht aus, ganz im Gegenteil. Ja, medizinische Befunde können eine gewisse Beruhigung mit sich bringen, eine Geburtsvorbereitung ersetzten sie jedoch nicht! Keine Blutuntersuchung und kein Ultraschallbefund hilft einer Frau bei der Wehenveratmung oder beim „Weitwerden“ und Loslassen.

 

Eine alte Hebammenweisheit besagt, dass sich in der Schwangerschaft das wahre Wesen einer Frau zeigt - ihre Schwächen und Stärken - sowohl körperlich, als auch seelisch. Wer durch diese große Umstellung lernt, mit sich selbst zurechtzukommen und Dinge aus eigener Kraft zu bewältigen, trägt dieses Wissen nicht nur durch die Geburts- und Stillzeit hindurch in sich, sondern auch hinein ins zukünftige Frauenleben.

 

Vertrauen aufbauen und über seine Persönlichkeit, Zweifel und Sorgen zu sprechen, erfordert ein hohes Maß an Offenheit. Je früher wir in der Schwangerschaft beginnen uns regelmäßig zu treffen, desto leichter wird es mit der Zeit sich mitzuteilen. Je besser ich eine Frau kenne, je weiter sie mich in ihre Welt lässt, desto effektiver kann ich sie stärken und ihr Hilfestellung anbieten und sie in unruhigen Zeiten daran erinnern, wer sie ist…

 

 

Traditionelle Hebammenarbeit

  

"Geboren wird nicht nur das Kind durch die Mutter,

sondern auch die Mutter durch das Kind." (G. von LeFord)

 

Der isländische Begriff für Hebamme lautet übersetzt soviel wie "Lichtmutter", die Hebamme unterstützt also durch ihre Arbeit das ans Licht kommen zweier Menschen: Mutter & Kind. Dieser (Geburts)prozess beginnt lange vor dem Einsetzen der Wehen und kann durch einfühlsame Begleitung gestärkt und gefördert werden...

 

 

P.S. weniger philosophisch, aber dennoch sehr treffend, brachte es eine meiner Frauen auf den Punkt: "Bei meiner ersten Geburt war ich so jämmerlich und hab mir alles gefallen lassen. Ich dachte, ich darf als Gebärende nichts selbst entscheiden, weil die Fachleute es besser wissen. Durch deine Betreuung und all die Informationen, bin ich zu ner richtigen Kampfsau geworden, die genau sagt was sie will...!"

(ihr Baby schlüpfte übrigens im Schnelldurchlauf auf unsere Welt - diesmal ohne Dammschnitt und rund 1kg schwerer als sein großes Geschwisterkind)

 

 

Neubarnim/2011 

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